Im heutigen Tagesverlauf wird ein $650 Millionen schwerer Venezuela-Bond zur Zahlung fällig. Unter Analysten besteht mehrheitlich keine große Hoffnung mehr darauf, dass eine Rückzahlung dieses Bonds tatsächlich fristgemäß erfolgen wird.

Resultat könnte sein, dass die venezolanische Schuldenkrise in ein neues Stadium übergeht. Es handelt sich hierbei um eine Anleihe des in Staatseigentum befindlichen Energiekonzerns Electricidad de Caracas.

Ohne Netz oder doppelten Boden

Ohnehin werden ausstehende Anleihen des Unternehmens an den internationalen Kapital- und Finanzmärkten bereits seit einiger Zeit mit zu den weltweit am ausfallgefährdetsten Papieren gezählt.

Erschwerend für ausländische Halter der Papiere gesellt sich hinzu, dass es keine Quervereinbarungen und Regularien im Hinblick auf Garantien des staatlichen Ölkonzerns PDVSA gibt, der im schlimmsten aller Fälle einspringen würde, um dem Energiekonzern unter die Arme zu greifen.

Laut Analysten verfügt Electricidad de Caracas auch über keine im überseeischen Ausland oder in den USA gehaltenen Vermögenswerte, die Bondhalter des Konzerns im Falle eines Zahlungsausfalls gerichtlich einfrieren lassen könnten.

Restrukturierung wegen US-Sanktionen schwierig: Bolivar verfällt weiter, Ölproduktion bricht ein

Schon zum aktuellen Zeitpunkt befindet sich das Unternehmen im Hinblick auf seine Bondzahlungen mit umgerechnet über $2 Milliarden im Hintertreffen. Ein technischer Default und erklärter Zahlungsausfall würde die venezolanische Schuldenkrise gewiss verschärfen.

Unterdessen wird nicht damit gerechnet, dass Caracas dem Energiekonzern zur Unterstützung eilen wird. Im November vergangenen Jahres teilte Venezuelas Staatspräsident Maduro mit, die ausstehenden Schulden seines Landes im Angesicht einer schweren Wirtschaftsrezession restrukturieren zu wollen (<link wirtschaftsfacts beitrag oha-venezuelas-regierung-stimmt-auslandsinvestoren-auf-schuldenrestrukturierung-ein>ich berichtete).

Dass diese Pläne nicht allzu leicht umzusetzen sind, zeigt allein der anhaltende Verfall des venezolanischen Bolivars bei einer gleichzeitig massiv einbrechenden Rohölproduktion. Die durch die USA verhängten Sanktionen gegen Venezuela erschweren Fortschritte an dieser Front zusätzlich, da es US-Investoren im Angesicht dieser verhängten Sanktionen momentan nicht erlaubt ist, direkt mit venezolanischen Schuldnern über diverse Restrukturierungen zu verhandeln.

Regierungsbeistand schwierig - Woher nehmen?

Selbst im Fall eines Beistands der venezolanischen Regierung wird Analysten nicht klar, woher Caracas das Geld auftreiben wollte, um dem strauchelnden Energiekonzern finanziell unter die Arme zu greifen.

Ausstehende Bonds von Electricidad de Caracas werden ohnehin schon nur noch zu rund 30 Cents pro US-Dollar an den Bondmärkten gehandelt, womit die Papiere des Konzerns zu den weltweit riskantesten und ausfallgefährdetsten zählen.

Bei der Ratingagentur Fitch werden die ausstehenden Bonds von Electricidad de Caracas nur noch einen Grad oberhalb eines Zahlungsausfalls eingestuft. Nur einige wenige Bondhalter hatten im Oktober vergangenen Jahres fällige Zinszahlungen auf die ausstehenden Bonds erhalten, während der Treuhänder bereits offiziell von einem Zahlungsausfall sprach.

145% Profit bei Rückzahlung – zumindest für venezolanische Investoren

Falls heute trotz aller gegenläufigen Erwartungen eine Rückzahlung des Bonds erfolgen sollte, würden Investoren, die die Anleihe erst kürzlich kauften, Profite von bis zu 145% einstreichen.

Letzte kursierende Hoffnung unter Anleiheinvestoren sind aktuelle Spekulationen unter Vermögensverwaltern, laut denen eine Gruppe von vermögenden venezolanischen Investoren mit guten Verbindungen zur Regierung einen großen Teil der ausstehenden Schulden hält, was Staatspräsident Maduro im Angesicht des Niedergangs seines Landes dazu veranlassen könnte, diese heimischen Investoren nicht auch noch verärgern zu wollen…

…ob ausländische Anleihehalter jedoch von einer mit heimischen Investoren zu treffenden Sondervereinbarung profitieren würden, darf stark bezweifelt werden.

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